Mittwoch, 30. April 2014

eine Lebensgeschichte




Hinter einer buntbemalten Mauer und gut gesichertem Tor 
werden wir bei der Ankunft herzlich begrüsst! 
Besonders meine blonde Kleine und der rote Bart meines Kerls
 erregen Aufmerksamkeit.

Florian begrüsst uns zwischen aufgeregten 2-6 Jährigen,
einem probenden Chor, 
kichernden Teenagern und einem Bautrupp vor dem Haus. 
Es wird uns schnell klar,
dass er hier nicht nur als Sozialpädagoge agieren muss.

Er hat wenig Zeit,
aber nimmt sie sich gerne für uns Besucher.

Ein Mann,
 der freundlich offen und voller Hoffnung ist.
Er hat eine Vision und man spürt seinen Willen, 
diese zu erreichen, schon fast körperlich!
Er ist ohne Rast.
Als er uns nach der Führung über das Gelände 
seine Geschichte erzählt,
sind wir erschüttert, 
wie viel Gewalt und Elend er schon gesehen hat.

Doch man sieht es in seinen Augen.
Man spürt seine innere Wut über das Leid der Kinder in diesem Land und den Willen,
 etwas dagegen zu tun. 

Es steckt uns an.


Hier seine Geschichte:

Florian Krämer



1972 in Überlingen am Bodensee geboren und aufgewachsen.
Dort besucht er auch die Waldorfschule
und beschließt als 15 Jähriger, 
sein Austauschjahr in der 
Waldorfschule Constantia Capetown zu machen.

Es ist 1988,
eine Zeit in der das Austauschjahr für deutsche Schüler 
schon recht üblich ist,
um Fremdsprachen zu verbessern und andere Kulturen kennen zu lernen.

Aber es ist auch eine Zeit in der in Südafrika 
noch die Apartheit staatlich festgelegt ist!

Und so lernt Florian mehr als nur Sprache und Kultur.
Er lernt was Ungerechtigkeit bedeutet.
Dieses Jahr ist für ihn sehr prägend.
Er erlebt die Unterdrückung am eigenem Leib,
als er ein schwarzes Mädchen kennen lernt und sich verliebt.
Sie darf ihn in der Stadt nicht besuchen,
und so verbringt er viel Zeit in ihrem Zuhause
- einem Township.
Dort lernt er das Leben und die Menschen kennen.
Als er zurück nach Deutschland geht,
beschließt er, nach seinem Abitur durch Zentralafrika nach Südafrika zu trampen.

Das macht er auch.
19 Jahre jung und motiviert fliegt er nach Ruanda.
Dort bricht kurze Zeit nach seiner Ankunft der Bürgerkrieg aus, und Florian muss im Chaos der Gewalt in den Dschungel fliehen.
Auf dem Weg zur Grenze nach Uganda verläuft er sich 
und ist 3 Tage ohne Essen und Trinken.
So wird er halb verdurstet von einem kleinen Jungen 
aus einen der Grenzdörfer gefunden.
Dieser nimmt ihn an der Hand und zerrt ihn über die Grenze von Uganda weiter in die Demokratische Republik Kongo zu einer englischen Diplomatenfamilie,
welche sich seiner annimmt und ihn aufpäppelt.
Den Jungen kann er nicht mehr finden.
Er vermutet, dass er in sein Dorf in das Grenzgebiet zurückgekehrt ist, welches kurz darauf dem Erdboden gleich gemacht wurde. 

Trotz des Erlebten setzt Florian seine Reise nach Südafrika fort. 
In Capetown angekommen beginnt er,
den auf der Reise entworfenen Lebensplan umzusetzen.

Er will Sozialarbeiter werden
und für die unprivilegierten Kinder Südafrikas ein Sozialprojekt gründen.
Sein grosses Ziel ist es,
irgendwann ein Waisenhaus als neues Zuhause und Zufluchtsort für ein paar wenige der vielen Waisenkinder Südafrikas zu eröffnen.

Von 1997-2002 studiert Florian 
Sozialarbeit und Psychologie an der UNISA in Kapstadt.

2003 gründet er den Verein „Positiv Leben“ e.V. 
und sammelt Spendengelder.

Mit 30 Jahren startet er sein 1. Projekt im Township Nyanga Kapstadt. 
Dieses liegt in der Nähe des Flughafens und hat die grösste Mordrate der Stadt.
Er war dort auf „Mama Hollow“ gestoßen,
die sich in einer Wellblechhütte ohne Strom
um 12 Kindergartenkinder und 25 Hortkinder kümmerte.
Florian bot ihr die Zusammenarbeit an:
Er hatte Spendengelder, um einen richtigen Kindergarten zu bauen, die Zustände zu verbessern und die Möglichkeit,
 das Projekt beim Sozialministerium legitimieren zu lassen.
Mama Hollow hatte das Grundstück und die Verbindung zur Gemeinde, sowie Kenntnisse über die Gesellschaft des Townships.
Zur Abmachung gehörte auch,
dass Florian nach dem Bau und der Verbesserung des Kindergartens,
sein Waisenhaus auf dem noch freien Gelände bauen und gründen darf.
Doch dazu kam es nie.
5 Jahre kämpfte Florian für sein Projekt
in Mitten von Gewalt und Clankämpfen.
Mama Hollow schürt Neid und Missgunst gegen das Projekt,
als sie anfängt, Mitarbeiter nur aus ihrem Clan einzustellen.
Der fast fertige Kindergarten wird angegriffen und zerstört.
Florian muss miterleben,
wie Kinder des Projekts 
in der alltäglichen Gewalt des Townships
erschlagen und erschossen werden.
Er bricht ab.
Und beschließt das Projekt umzusiedeln.
Mit Spendengeldern von „Positiv Leben“ e.V. kann er eine 5 Hektar große Farm im Philippi Farmland in der Nachbarschaft des Townships Samorra Machel kaufen.

Auf die Farm bringt er 9 Waisenkinder
zwischen 5 und 17 Jahren, die er nicht zurück lassen wollte.
Auch die beiden Kindergärtnerinnen
Nomakhwezi Manzana und Ntombizodwa Madaza 
und die Schwestern Xolisa und Bongiwe Majambe,
 welche in Nyanga den Kinderhort und das Therapieprojekt geleitet und 2006 die Bühnenshow 
gegründet hatten, ziehen mit auf die Farm, 
um das neue Projekt "Vulamasango" zusammen aufzubauen.

Mit Hilfe von Praktikanten der Waldorfschule 
kann Florian und sein Team das alte Farmhaus renovieren, 
und so wird 
im Oktober 2009 der Hort für 40 Kinder von 6-18 Jahre eröffnet.
Im Februar 2010 startet der Kindergarten 
mit insgesamt 36 Kindern von 1-6 Jahren.

Und in diesem Jahr wird nun endlich sein Traum von einem Waisenhaus in die Realität umgesetzt
… 





4 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Wow, das ist wirklich ein beeindruckender Mann. Das muss ich mir gleich mal auf der Webseite ansehen. Danke, liebe Lisa, dass du über dieses Projekt berichtest.
LG, Jenny

Unknown hat gesagt…

Ebenfalls wow. Tolle Geschichte. Mich hat es ebenso beeindruckt mit welchen Engagement und welcher Zielstrebigkeit er seine Ziele verfolgt. Und das alles um zu helfen.

lisa hat gesagt…

Ja, das ist eine mutige und aber auch aufopfernde Lebensentscheidung. Es freut mich, dass es Euch auch berührt! … ich werde noch mehr darüber schreiben ***liebst, die lisa

eni mai hat gesagt…

*schluck*
mir fehlen die worte.
welch ein mut.

vielen dank für den bericht, lisa.

liebgruss
eni